Wir haben 2 Krankenhäuser besucht, das St. Dominicus Hospital in Akwatia und das Holy Family Hospital in Techiman, wobei ich aus zeitlichen Gründen in das St. Dominicus Hospital in Akwatia etwas mehr Einblick hatte. Beides sind katholisch geführte Häuser auf dem Land, wobei das Holy Family Hospital in Techiman insgesamt mehr Patienten versorgt.

 

1. St. Dominicus Hospital in Akwatia:

St. Dominicus Hospital in Akwatia

A. Postnatal care und family medicine:
In der Klinik finden jährlich ca. 3.000 Geburten statt, Sectio-Rate ca. 40%. Alle Kinder werden im ersten Lebensjahr regelmässig gesehen, gewogen, geimpft etc. Es gibt ein sehr gut konzipiertes Vorsorgeheft (ähnlich dem „gelben Heft“). Geimpft wird: BCG, oral Polio, Hep B, DPT, HiB, Pneumokokken, Rota, Masern, Röteln, Gelbfieber, Men A.
Das follow up erreicht ca. 30% der Neugeborenen, die anderen werden in ihren Gemeinden versorgt, jede Gemeinde hat eine health service, der gut organisiert ist.
Die HIV-Rate der Mütter liegt derzeit bei ca. 10%, alle bekommen einen HIV-Test vor der Geburt, auch die, die nicht in der Klinik entbinden. Die Neugeborenen werden ebenfalls getestet und therapiert.
Die Hausgeburten werden von „traditional birth attendants“ begleitet.

B. Paediatric Department:
Die Abteilung besteht aus einer NICU, einer pädiatrischen Station und einer PICU.
Der derzeitige Head of Department ist Dr. Gabriel Ayikutu. Es gibt 2 residents, 1-2 medical officers, 2-4 house officers und 1-3 physician assistents.

  • Neonatal intensive care unit NICU
    Kapazität für 20 (oder mehr?) Kinder (es werden bis zu 3 Kinder in ein Bett gelegt).
    9 ausgebildete Schwestern, 12 “Hilfs-“ Schwestern.
    Ausstattung: 2 Reanmimationseinheiten mit Perivent, 1 Inkubator, 3 Wärmebetten, 4 improvisierte Phototherapie-Betten. Ausserdem mehrere nicht mehr funktionierende Inkubatoren und Wärmebetten.
    2 Perfusoren (Infusionen über Tropfenzähler), 2 Monitore (einer kaputt). Kein neonatales Pulsoximeter. Mehrere Erwachsenen-Pulsoximeter. Wandanschlüsse für Sauerstoff (an jedem Bettplatz) und Druckluft (vereinzelt) vorhanden.
    Bisher wird kein CPAP oder HFNC (high flow nasal cannula) durchgeführt.
    Kein Blutgasanalysegerät vorhanden, keine Beatmungsgeräte.Sehr gutes Labor mit Hämatologie, Chemie, Blutkulturen. Infusionen werden in der krankenhauseigenen Apotheke hergestellt bzw. werden auf der Station selbst gemischt. Sie haben ausreichend Antibiotika. Surfactant oder Prostaglandin sind nicht vorhanden. Keine zentralen Venenkatheter oder parenterale Ernährung.
    Ultraschall wird in der radiologischen Abteilung durchgeführt, Echokardiaographie ist nicht vorhanden.
    Es werden alle Arten von NG-Erkrankungen behandelt, Frühgeborene werden ebenfalls versorgt, sowie sie ohne Atemunterstützung klarkommen. Es werden viele Kinder aus kleineren community Zentren zuverlegt.
    Im Fall einer dringenden OP (z.B. NEC) werden die Kinder nach Accra ins Universitätsklinikum mit der Community Ambulanz verlegt.Die Kosten der Basisversorgung werden durch die Krankenversicherung abgedeckt. Längere Aufenthalte müssen die Familien selbst zahlen. Nötige Operationen (z.B. bei NEC oder Shuntimplantation bei Hydrocephalus) müssen die Familien selbst tragen, ebenso die Ambulanzfahrten.
    Die Mütter schlafen auf dem Gelände, sie sind tagsüber in einem Vorraum der NICU und dürfen zum Stillen bzw. Füttern zu ihren Kindern.
    Die Dokumentation erfolgt digital, ebenso die Übermittlung der Laborwerte, wobei die Schwesternberichte handschriftlich sind.
    Die neonatale Mortalitätsrate liegt etwas über dem WHO-Ziel von 12 auf 1.000 Lebendgeburten.
  • PICU:
    Kapazität von 6 Betten, Sauerstoff-Wandanschlüsse vorhanden. Erwachsenen-Sättigungsgeräte vorhanden. Vernebelungsgeräte vorhanden. 1 Monitor (derzeit kaputt).
    Häufigste Diagnosen: Infektionen, Malaria, Pneumonien.
    Keine Kinderchirurgie. Keine Unfallchirurgie.
  • Pädiatrische Station:
    Ca. 35 Betten

C. Kreißsaal

1 Reanimationstisch mit Wärmestrahler und Ambubeutel. Wandsauerstoff vorhanden. Keine Druckluft. Tragbare Absauge.
Primärversorgung durch Hebammen bei Bedarf mit Absaugung und Bebeuteln, bei deutlich deprimiertem Kind werden die Pädiater informiert und kommen entweder dazu oder das Kind wird in die NICU transportiert.

 

Ansätze zur Verbesserung der Versorgung in der Pädiatrie/Neonatologie:

Insgesamt kann man sagen, dass ein sehr gutes theoretisches Wissen der Ärzte vorhanden ist, die Abläufe erfolgen nach dem englischen System. Alle Ärzte, die ich getroffen habe, sind sehr motiviert und wissbegierig.
Die Pflegekräfte sind sehr gut ausgebildet.
Aufgrund der fehlenden Ressourcen kann allerdings nur eine sehr eingeschränkte Versorgung erfolgen. Es fehlt an den kleinsten Dingen, die Voraussetzung für eine adäquate Versorgung sind, wie Pulsoxymetern, Monitoren, Wärmebetten, Inkubatoren.
Sehr leicht zu installieren und von enormen Benefit wäre die Installation von CPAP- bzw. High-Flow-Geräten (HFNC). Dazu müsste aber Druckluft zur Verfügung stehen. In der NICU sind 2 Druckluftanschlüsse vorhanden, aus denen mittels Y-Stück 4 Anschlüsse gemacht werden könnte. CPAP- und High-Flow-Therapie sind etablierte Therapieverfahren zur Atemunterstützung, die oftmals ein global respiratorisches Versagen verhindern können. Sie werden beim neonatalen Atemnotsyndrom, aber auch bei einer Bronchiolitis des Kleinkindes oder bei Pneumonien des älteren Kindes eingesetzt.
Auch im Kreissaal wäre eine CPAP-Einrichtung von großer Wichtigkeit, denn die rasche Entfaltung der Lunge und damit adäquate Oxygenierung des Neugeborenen hat ein besseres Outcome zur Folge.
Auch hier ist allerdings zusätzliche Druckluft mit einer Sauerstoffmischvorrichtung essentiell, denn zuviel Sauerstoff hat sich als toxisch erwiesen.

Zusammenfassung:

  • Ausstattung der PICU und NICU mit Monitoren, neonatalen Pulsoxymetern, Perfusoren, CPAP- bzw. High-Flow-Geräten
  • Intensive Schulung zur Etablierung von CPAP und High-Flow auf den Stationen
  • Intensive Schulung zur Anwendung von Druckluft und Gasmischern
  • Kreißsaal: Schulung zur Anwendung von CPAP (eine Reanimationseinheit mit Perivent sollte in den Kreißsaal), Gasflasche mit Druckluft

 

 

2. Holy Family Hospital in Techiman:

Es handelt sich um ein großes Krankenhaus in einer Kreisstadt mit 70.000 Einwohnern in der Mitte des Landes. Die Stadt ist Knotenpunkt und Handelszentrum. Die Klinik hat 340 Betten, es finden jährlich ca. 5.000 Geburten statt, Zahl steigend. Sectiorate 40-50%. Das Krankenhaus bekommt viele Zuweisungen aus der Region, oftmals viel zu spät, so dass derzeit gerade in der Pädiatrie ein Programm etabliert wurde, die umliegenden Gesundheitsstationen und kleinen Kliniken zu schulen, zum einen in der eigenen Versorgung der Patienten, zum anderen, dass eine Verlegung rechtzeitig erfolgt.
Sehr komplexe Fälle, die in der eigenen Klinik nicht behandelt werden können, müssen nach Kumasi verlegt werden (ca. 2-3h Fahrtzeit).

Holy Family Hospital in Techiman

Paediatric Department:

Die Pädiatrie-Abteilung besteht aus einer NICU, einer pädiatrischen Station und einer PICU.
Die derzeitige Head of Department ist Dr. Jacqueline Asibey. Es gibt mehrere residents, medical officers, house officers und physician assistents.
Die räumlichen Verhältnisse sind insgesamt sehr beengt, außerdem waren zur Zeit unseres Besuches fast alle Betten belegt. Das Krankenhaus wächst zusehends und behandelt jedes Jahr mehr Patienten.

  • NICU:
    Kapazität für 40 (oder mehr?) Kinder (es werden bis zu 3 Kinder in ein Bett gelegt).
    Ausstattung: mehrere Inkubatoren, Wärmebetten, Phototherapie-Betten.
    Einige Perfusoren vorhanden und Infusionen über Tropfenzähler, einige Monitore (immer 2 Kinder pro Monitor). Einige neonatale Pulsoximeter. Wandanschlüsse für Sauerstoff (an jedem Bettplatz). Keine Druckluft vorhanden.CPAP wir improvisiert mit Wasserflaschen und 100% Sauerstoff durchgeführt.
    Kein Blutgasanalysegerät vorhanden, keine Beatmungsgeräte.Sehr gutes Labor mit Hämatologie, Chemie, Blutkulturen. Infusionen werden in der krankenhauseigenen Apotheke hergestellt bzw. werden auf der Station selbst gemischt. Sie haben ausreichend Antibiotika. Surfactant oder Prostaglandin sind nicht vorhanden. Keine zentralen Venenkatheter oder parenterale Ernährung.Ultraschall wird in der radiologischen Abteilung durchgeführt. Keine Möglichkeiten der Echokardiographie.Es werden alle Arten von NG-Erkrankungen behandelt, Frühgeborene werden ebenfalls versorgt, sowie sie ohne Atemunterstützung klarkommen.
    Es werden viele Kinder aus kleineren community Zentren zuverlegt.
    Im Fall einer dringenden OP (z.B. NEC) werden die Kinder nach Kumasi mit der Community Ambulanz verlegt.Die Kosten der Basisversorgung werden durch die Krankenversicherung abgedeckt. Längere Aufenthalte müssen die Familien selbst zahlen. Nötige Operationen (z.B. bei NEC oder Shuntimplantation bei Hydrocephalus) müssen die Familien selbst tragen, ebenso die Ambulanzfahrten.Die Mütter schlafen auf dem Gelände, sie sind tagsüber ein einem Vorraum der NICU und dürfen zum Stillen bzw. Füttern zu ihren Kindern. Die Dokumentation erfolgt digital, ebenso die Übermittlung der Laborwerte, wobei die Schwesternberichte handschriftlich sind.
    Die neonatale Mortalitätsrate liegt etwas über dem WHO-Ziel von 12 auf 1.000 Lebendgeburten bei ca. 25 auf 1.000 Lebendgeburten (von 2017).
  • PICU:
    Kapazität von 6 Betten, Sauerstoff-Wandanschlüsse vorhanden. Erwachsenen-Sättigungsgeräte vorhanden. Vernebelungsgeräte vorhanden. 1 Monitor.
    Häufigste Diagnosen: Infektionen, Malaria, Pneumonien.
    Unfallchirurgie vorhanden.
  • Pädiatrische Station:
    40 Betten

Kreißsaal
1 Reanimationstisch mit Ambubeutel. Sauerstoffflasche vorhanden. Keine Druckluft. Tragbare Absauge.
Primärversorgung durch Hebammen bei Bedarf mit Absaugung und Bebeuteln. Bei deutlich deprimiertem Kind werden die Pädiater informiert und kommen entweder dazu oder das Kind wird in die NICU transportiert.

Ansätze zur Verbesserung der Versorgung in der Pädiatrie/Neonatologie:

Ebenso wie in Akwatia ist auch hier ein sehr gutes theoretisches Wissen der Ärzte vorhanden ist, die Abläufe erfolgen nach dem englischen System. Alle Ärzte, die ich getroffen habe, sind sehr motiviert und wissbegierig. Die Abteilung in Techiman versorgt insgesamt mehr Patienten, allerdings auf engerem Raum als in Akwatia.
Die Pflegekräfte sind sehr gut ausgebildet.

Aufgrund der fehlenden Ressourcen kann nur eine sehr eingeschränkte Versorgung erfolgen. Es wird CPAP-Therapie durchgeführt, allerdings nur improvisert und mit 100% Sauerstoff, was bei Frühgeborenen zur Erblindung führen kann und die Lunge noch weiter schädigt.
Sehr leicht zu installieren und von enormen Benefit wäre die Installation von CPAP- bzw. High-Flow-Geräten (HFNC). Dazu müsste aber Druckluft zur Verfügung stehen. CPAP- und High-Flow-Therapie sind etablierte Therapieverfahren zur Atemunterstützung, die oftmals ein global respiratorisches Versagen verhindern können.
Auch im Kreissaal wäre eine CPAP-Einrichtung von großer Wichtigkeit, denn die rasche Entfaltung der Lunge und damit adäquate Oxygenierung ermöglicht ein besseres Outcome.
Auch hier ist allerdings zusätzliche Druckluft mit einer Sauerstoffmischvorrichtung essentiell.

Ein weiterer wichtiger Baustein zur besseren Versorgung der Kinder wäre die Möglichkeit, eine kardiologische Diagnostik mittels Echokardiographie durchzuführen.
1% aller Kinder haben einen angeborenen Herzfehler, d.h. bei 5.000 Geburten handelt es sich um ca. 50 Kinder jährlich. Außerdem haben Frühgeborene oft Probleme mit einem offenen Ductus arteriosus botalli, den man mit einfachen Mitteln versuchen kann zu behandeln. Die Kinder mit Verdacht auf einen Herzfehler bekommen entweder keine Diagnostik oder sie müssen nach Kumasi zur Echokardiographie gebracht werden, was 2-3h Fahrtzeit entfernt ist. Kumasi ist auch das Zentrum, in dem einfache Herzoperationen bei Kindern durchgeführt werden können. Die Wartezeiten in Kumasi sind sehr lang, auch schon für eine ambulante Vorstellung. Im Wissen um einen Herzfehler könnte man das Kind schon medikamentös therapieren, bis es ev. operiert werden kann.

Auch die Stellung der Klinik in Techiman als regionales Zentrum würde sehr dafür sprechen, auch hier eine echokardiographische Diagnostik durchführen zu können.
Weiterhin braucht man zur besseren Therapie auf der Intensivstation oftmals eine Beurteilung der Herzfunktion, z.B. bei Malaria oder bei schweren Infektionen mit Schock.
Die Leiterin der Pädiatrie, Dr. Jacqueline Asibey, ist sehr daran interessiert, Echokardiographie zu lernen. Optimalerweise braucht die Abteilung ein mobiles Ultraschallgerät, um schnell auf den verschiedenen Stationen einsatzbereit zu sein. Es gibt ein Gerät in der Radiologie mit kardiologischem Programm und Schallkopf, aber das steht fest in der Radiologie, außerdem hat niemand kinderkardiologische Kenntnisse.

Zusammenfassung:

  • Ausstattung der PICU und NICU mit mehr Monitoren, neonatalen Pulsoxymetern, Perfusoren, CPAP- bzw. High-Flow-Geräten
  • Intensive Schulung zur Etablierung von CPAP und High-Flow auf den Stationen
  • Intensive Schulung zur Anwendung von Druckluft und Gasmischern
  • Kreißsaal: Schulung zur Anwendung von CPAP (eine Reanimationseinheit mit Perivent sollte in den Kreißsaal), Gasflasche mit Druckluft
  • Anschaffung eines Echokardiographiegerätes mit Schulung

 

 

03.09.2022

Dr. Beatrice Heineking
Kinderärztin
Neonatologin
Kinderkardiologin
Intensivmedizinerin